Die Anfrage an die Bezirksregierung im Wortlaut:
Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN Borghorst, den 17.11.2010
im Regionalrat
der Bezirksregierung Münster
gruene-regionalrat-muenster(at)t-online.de
An die Geschäftsstelle des Regionalrates
An den Vorsitzenden des Regionalrates
Bezirksregierung Münster
per E-Mail
Sehr geehrte Damen und Herren,
die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beantragt die Beantwortung der folgenden Anfragen unter einem entsprechenden Tagesordnungspunkt der Regionalratssitzung am 13.12.2010
Erdgasprobebohrungen durch Exxon Mobil im Münsterland
Planungsrecht/Bergrecht
Die Bezirksregierung Münster wird gebeten, die rechtlichen Grundlagen für die Aufsuchung und die Gewinnung von Bodenschätzen zu benennen und kurz zu erläutern, so weit sie für die Aufsuchung und die Gewinnung von Erdgas durch Exxon im Münsterland von Bedeutung sind.
Genehmigungen und Verfahren
Die Bezirksregierung Münster wird gebeten, die laufende und die zu erwartende Genehmigungspraxis für Exxon im Münsterland darzustellen. Welche unterschiedlichen Genehmigungsverfahren werden dabei voraussichtlich eingesetzt?
Beteiligungen der TÖBs und der Öffentlichkeit
Die Bezirksregierung Münster wird gebeten darzustellen, im welchem Umfang in den Genehmigungsverfahren für Exxon Träger öffentlicher Belange und die Öffentlichkeit beteiligt werden.
Rechtsgrundlagen für die Prüfung und Beachtung von Umweltbelangen
Ferner wird die Bezirksregierung Münster gebeten, die bei der Aufsuchung und der Gewinnung von Erdgas im Münsterland zu beachtenden Rechtsvorschriften zum Schutz von Umweltgütern zu erläutern. Wie sollen in den Genehmigungsverfahren die Ansprüche an einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen wie dem Grundwasser und dem Trinkwasser erfüllt werden?
Bergrecht früher und heute
In welchem gesellschaftlichen und geschichtlichen Kontext ist das hier zur Anwendung kommende Bergrecht entstanden? Wie werden darin die demokratischen Ansprüche auf Transparenz von Verfahren, die Beteiligung der Öffentlichkeit und der Anspruch auf Nachhaltigkeit erfüllt? Welche Gestaltungsmöglichkeiten hat die Abteilung Bergbau bei der Rechtsanwendung z. B. bezüglich des Einsatzes von Chemikalien im Untergrund? Wie weit geht der Anspruch auf Geheimhaltung beim Antragsteller?
Beteiligung der Bezirksregierung Münster
Welche Stellungnahmen hat die Bezirksregierung Münster (z. B. als TÖB) bislang im Zusammenhang mit Vorhaben und Anträgen von Exxon abgegeben?
Welche Abteilungen/Dezernate waren bei der Bezirksregierung Münster bislang mit den Vorhaben und Anträgen von Exxon befasst? Was genau wurde beantragt und was wurde bewilligt?
Wann wurde das „Aufsuchungsfeldes Nordrhein-Westfalen Nord“ (etwa = Münsterland) beantragt und war die Bezirksregierung Münster schon damals damit befasst bzw. einbezogen?
Warum wurde der Regionalrat nicht über die Anträge von Exxon informiert und warum schlagen sich die Planungen von Exxon nicht im neuen Regionalplan nieder?
Exxon hat die Standorte der beabsichtigten Probebohrungen noch immer nicht öffentlich gemacht. Welche Informationen hat dazu die Abteilung Bergbau? Gibt es dort bekannte Pläne von Exxon und bekannte Orte für Probebohrungen? Welche weiteren Anträge sind bekannt oder werden erwartet?
War und ist es konkretes Verwaltungshandeln, den Umgang der Behörden (Arnsberg/Münster) mit Exxon der Öffentlichkeit nicht bekannt zu geben, so dass erst bei Verfahrensschritten, die eine Öffentlichkeitsbeteiligung verlangen, die betroffenen BürgerInnen ganz kurzfristig erfahren können/konnten, welchen Planungen sie demnächst ausgesetzt sind?
Was hat Exxon gegenüber den Behörden über die Zeit nach den Probebohrungen verlauten lassen? (Zeitpläne, Teilregionen …)
Perspektive für das Münsterland: flächendeckende Gasausbeutung
Die einzelnen Probebebohrungen im Münsterland (die Zahl 10 kursiert) können nur damit erklärt werden, dass daran auch Erwartungen an eine profitable Gewinnung von Erdgas geknüpft sind, da die Aktionäre natürlich erwarten, dass Exxon Gewinne erzielt.
Auf Grund der geologischen Verhältnisse ist davon auszugehen, dass das gesamte Münsterland nicht nur Aufsuchungsgebiet ist, sondern auch Gewinnungsgebiet werden soll (flözführende Schichten des Karbon).
Da die erwarteten Gasmengen nicht durch „natürlichen“ Druck in nennenswerter Menge durch ein Bohrloch entweichen können, sind besondere technische Verfahren notwendig, um das Erdgas aus den flözführenden Schichten „herauszulösen“.
Diese technischen Verfahren (hydraulic fracing) haben in der Zieltiefe um das vertikale Bohrloch herum nur eine begrenzte horizontale Reichweite.
Daraus folgt, dass nach bisherigem Kenntnisstand bei einer flächendeckenden Ausbeutung im gesamten Fördergebiet Münsterland zu erwarten ist, dass dann ein Bohrraster entsteht, in dem die einzelnen Bohrungen etwa 2 Kilometer voneinander entfernt sind. (In den Fördergebieten in den USA sind diese Abstände noch deutlich geringer.)
In diesem Zusammenhang werfen wir die folgende Fragestellung auf: Die Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben (UVP-V Bergbau) besagt, dass erst die Gewinnung von Erdgas zu gewerblichen Zwecken mit einem Fördervolumen von täglich mehr als 500 000 Kubikmeter Erdgas UVP-pflichtig ist. In diesem Zusammenhang ist es denkbar, dass als Folge der geringen Ergiebigkeit der einzelnen Bohrungen Exxon zwar flächendeckend im Münsterland Gas fördert, aber genehmigungsrechtlich fordert, dass jede Bohrung einzeln zu betrachten ist. Damit würden dann aufwendige Verfahren umgangen und vor allem wäre dann keine UVP mehr notwendig (s.o.). Dazu stellen wir die Fragen, ob das die zu erwartende Genehmigungspraxis sein kann und ob der Abteilung Bergbau bei der Bezirksregierung Arnsberg ein derartiges Vorgehen bekannt ist und ob diese einem derartigen Vorgehen zustimmen würde?
Kumulierung der Raumnutzungsansprüche
Wie schätzt die Bezirksregierung die Wahrnehmung und die Akzeptanz der sich kumulierenden Ansprüche an den Ländlichen Raum ein: Windenergie, industrielle Tiermast, Maisproduktion und Agrargasindustrie sowie flächendeckende Erdgasgewinnung? Kann eine erste regionale Schätzung des Flächenverbrauchs, der notwendigen Verkehrsflächen, der Abgas- und Lärmbelastungen, des immensen Wasserbrauchs und der zu entsorgenden Abwassermengen und Chemikalien für die Exxon-Pläne (Gewinnung von CBM aus den flözführenden Schichten des Karbon) vorgenommen werden? Dies auch vor dem Hintergrund, dass der Bergbau in Ibbenbüren geschlossen werden soll und gleichzeitig nun das gesamte Münsterland Bergbauregion werden könnte!
Weiteres
Kann die Bezirksregierung noch Informationen über weitere Sachverhalte beisteuern, die im Hinblick auf die Auswirkungen von Gasbohrungen und Gasförderung auf das Münsterland Bedeutung erlangen könnten?
Mit freundlichen Grüßen
Helmut Fehr
(Fraktionssprecher)